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Dr. Mehrdad Payandeh

Eine Vision für die
Zukunft des Landes


Unterschiedliche Sichtweisen sind zwar wichtig, sind jedoch manchmal schwer zusammenzubringen. Wir sprachen mit dem Vorsitzenden des Deutscher Gewerkschaftsbundes (DGB) Bezirk Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt, Dr. Mehrdad Payandeh über einen Zukunftsplan für die Region, Wirtschaft und Menschen.



Dr. Mehrdad Payandeh I Vorsitzenden I Deutscher Gewerkschaftsbundes (DGB) Bezirk Niedersachsen, Bremen und Sachsen-Anhalt I Foto: Werner Musterer


Weserwirtschaftsforum: Herr Dr. Mehrdad Payandeh, zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich für das Weserwirtschaftsforum Zeit nehmen. Die Zukunft braucht heute schon einen sicheren Plan. Warum ist ein Zukunftsplan für die Region, Wirtschaft und Menschen wichtig?


Dr. Mehrdad Payandeh: Wir befinden uns aktuell in einer gewaltigen Umbruchsituation. Damit die notwendige Transformation von Industrie, Staat und Wirtschaft gelingt, braucht es jetzt eine Politik, die entschlossen und planvoll agiert. Wir brauchen eine Strategie, einen Plan, eine Vision für die Zukunft des Landes, um auch morgen Wohlstand für die Menschen zu sichern. Das gilt auch für den Industriestandort Weserregion. Mit seiner Stärke im Maschinenbau und der
Chemischen Industrie, besonders der Glasindustrie, braucht die Region eine funktionierende Infrastruktur, stabile und bezahlbare Energieversorgung und qualifizierte Beschäftigte, die den Wandel begleiten und für zukünftige Tätigkeitsfelder fit gemacht werden. Ein Industriestandort ist zudem immer nur so stark, wie der öffentliche Dienst fit, wie die öffentliche Infrastruktur intakt ist.
Bauvorhaben für eine moderne Infrastruktur und dafür notwendige Genehmigungen erfordern einen modernen und funktionierenden öffentlichen Dienst. Es braucht Institutionen der Bildung, der Kultur, der Sicherheit und Behörden. Damit diese Institutionen mit gutem Personal ausgestattet sind, braucht es gute und
mitbestimmte Arbeitsplätze. Nicht zuletzt leben auch die Beschäftigten der Region ja
vor Ort und brauchen einen fitten Nahverkehr, bezahlbaren Wohnraum und heile Straßen und Brücken. Doch von nichts kommt nichts. Dafür braucht es einen
massiven Investitionsbooster. Das alles muss planvoll und abgestimmt koordiniert
und umgesetzt werden, um die Region als Arbeits- und Lebensort attraktiv und für die Zukunft fit zu machen.


Weserwirtschaftsforum: Die Wirtschaft und die Beschäftigten haben mit hohen Energiekosten zu kämpfen. Wie kann man aus Ihrer Sicht den Ausbau von
erneuerbarer Energie voranbringen und gleichzeitig für günstige Energiekosten im
Interesse der Menschen in Norddeutschland sorgen?


Dr. Mehrdad Payandeh: Die Energiewende ist alternativlos – in Niedersachsen, dem Energieland Nummer 1 sowieso – wenn wir eine gute Zukunft haben wollen. Wir brauchen mehr Wind- und Solarenergie. Die Ausweisung von Flächen und die Genehmigungsverfahren müssen Tempo aufnehmen. Hier hat sich in Niedersachsen viel bewegt. Denn ohne grünen Strom gelingt auch die Mobilitätswende nicht. Der Strom muss dafür billiger und in der Fläche für alle verfügbar gemacht werden. Wenn wir die Netzentgelte ganz abschaffen oder auf ein Minimum reduzieren, können wir den Strompreis drastisch senken. Wir müssen von dem Grundsatz wegkommen, den Netzausbau über Netzentgelte zu finanzieren. Das führt zu steigenden Netzentgelten und damit zu steigenden Strompreisen, die am Ende Unternehmen und private Verbraucher belasten. Dies ist ein fatales Signal an den Standort. Wir müssen den Netzausbau als eine öffentliche Aufgabe verstehen und diese mit öffentlichen Mitteln finanzieren.
Das tun wir bei Straßen, Schienen und Schulen auch. Das hat zwei Vorteile:

Zum einen werden Strompreise mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien langfristig für alle günstiger. Zum anderen werden wir als Industriestandort attraktiver für Investitionen. Nach dem Motto: Industrie folgt Energie könnte Niedersachsen zumInvestitionsstandort Nummer 1 für klimaneutrale Industrien in Deutschland aufsteigen, und zwar im Sinne der ökonomischen, ökologischen und sozialenNachhaltigkeit. Davon kann der Industriestandort Weserregion besonders profitieren.


Weserwirtschaftsforum: Es gibt zunehmend Handlungsbedarf in der Infrastruktur und gleichzeitig muss man die Schuldenbremse im Auge behalten. Sind wichtige und große Investitionen überhaupt noch möglich?


Dr. Mehrdad Payandeh: Die Schuldenbremse war gut gemeint, funktionierte aber von Anfang an nicht. Erstens führte die Einhaltung der Schuldenquote zu gesunkenen Investitionen. Zweitens würgte diese Investitionszurückhaltung gerade in einem Konjunkturtief das Wachstum ab. Eine Erholung der Wirtschaft verzögerte sich. Ohne Wachstum keine Steuereinnahmen. Ohne Steuereinnahmen noch größere Haushaltslöcher. Drittens wirkt die Schuldenbremse immer prozyklisch. Das heißt, der Staat darf investieren, wenn die Wirtschaft brummt und fast Vollbeschäftigung vorliegt. Und wenn jetzt auch der Staat investieren will, steigen die Preise. Anders als im Konjunkturtief, wo alle Aufträge brauchen und bereit sind, die Preise zu senken. Kurzum: Die Schuldenbremse ist der größte wirtschafts- und finanzpolitische Fehler der
Nachkriegszeit. Sie wurde zur Investitionsbremse für unser Land. Die Zeche zahlen alle. Menschen, Unternehmen, der Standort Deutschland. Die Folgen dieses finanzpolitischen Irrwegs sind eklatant: Unsere Infrastruktur
befindet sich in einer desolaten Situation. Die Straßen bröckeln, die Bahn fährt nicht, die Schulen und Schwimmbäder sind kaputt, Krankenhäuser sind nicht up to date, bei Digitalisierung und KI sind wir zum Teil abgehängt und, und, und. Diese notwendigen Investitionen wurden lange verschlafen. Nun kommen wir nicht hinterher und die Kosten vervielfachen sich. Kurzum: Wir haben uns mit der Schuldenbremse kaputtgespart. Investitionen in unsere Infrastruktur sind höchst überfällig. Deshalb sind 500 Mrd. Euro Sondervermögen des Bundes für Investitionen dringend notwendig für die Zukunft unseres Landes. Jeder Euro, der investiert wird, bringt Folgeinvestitionen. Wer aber jetzt sparen will, erspart den nachfolgenden Generationen keine Schulden, sondern vererbt eine kaputte Infrastruktur und höhere Kosten. Es ist also nicht nur dringend notwendig, rasch und umfassend zu investieren, sondern auch ökonomisch klug.


Weserwirtschaftsforum: Demografischer Wandel, Fachkräftemangel und Abwanderung von Jugendlichen sind für Sie sicherlich bekannte Themen. Die Weltbevölkerung steigt jährlich und bald leben 9,7 Milliarden Menschen auf der Erde. Warum sprechen wir in Deutschland eigentlich über Fachkräftemangel?


Dr. Mehrdad Payandeh: Die Bevölkerungsexplosion auf der gesamten Welt löst nicht den Fachkräftemangel in Deutschland. Menschen vom einen Ende der Welt kann man nicht mal eben
verpflanzen.

Fachkräfte sind, anders als Arbeitskräfte, sehr gut ausgebildete Menschen. Und das zu allererst vor Ort. Ja, es gibt ein demografisches Problem in Deutschland, wenn in den nächsten zehn Jahren die Boomer in Rente gehen. Aber die Situation ist branchenspezifisch. Es gibt Branchen, in denen es genug Fachkräfte gibt. Und es gibt Branchen, in denen Fachkräfte fehlen. Dies ist von den Unternehmen zum Teil hausgemacht. Allein in der Altenpflege haben fast 30 Prozent der Beschäftigten in Niedersachsen die Branche nach zwei Jahren wieder verlassen. Das heißt, es gibt gut ausgebildete Fachkräfte, die wirklich gern in ihrem Beruf arbeiten wollen, aber nicht unter den z. T. katastrophalen Arbeitsbedingungen. Ferner bilden fast 80 Prozent der Betriebe nicht aus. Es gibt viele Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz bekommen, und zwar egal, wie es mit der Konjunktur aussieht. Seit Jahren steigt dadurch die Zahl der jungen ungelernten Arbeitskräfte, inzwischen bundesweit auf 2,9 Millionen. 21,6 Prozent der 20-35-Jährigen in Niedersachsen verfügen über keine abgeschlossene Ausbildung. Fachkräfte fallen nicht vom Himmel. Wer Fachkräfte will, muss sie ausbilden und nach Tarif bezahlen. Doch seit Jahren zahlen immer weniger Unternehmen nach Tarif. Damit kann man Fachkräfte weder halten noch neue gewinnen.


Weserwirtschaftsforum: Es wird viel über die Zukunft der Jugend gesprochen, aber nur wenige engagieren sich für junge Menschen. Eine alternde Bevölkerung bedroht den Wirtschaftsstandort und macht ein Land oder eine Region unattraktiv. Was müssen wir tun, damit Norddeutschland für junge und qualifizierte Menschen aus aller Welt in Zukunft attraktiver wir?


Dr. Mehrdad Payandeh: Zum einen müssen junge Menschen mit ihren Ideen und Bedürfnissen gehört werden, sie müssen den öffentlichen Raum und Angebote mitgestalten können. Sie verdienen Wertschätzung. Zum anderen brauchen junge Menschen eine moderne und funktionierende Infrastruktur. Wer wenig Geld hat, ist mehr als andere auf günstige Mieten angewiesen. Wer für die Ausbildung zu Berufsschule und Betrieb pendeln muss, braucht einen gut ausgebauten und bezahlbaren ÖPNV – in einem Flächenland wie Niedersachsen sowieso. Überfüllte Unis und zu wenig Ausbildungsangebote mit zu niedriger Vergütung sind keine guten Startbedingungen ins Berufsleben. Gerade in Norddeutschland hätten wir ein großes Potenzial an Zukunftsbranchen und Umwelttechnologien. Niedersachsen könnte mit seinen Häfen, seiner Industrie, seiner geopolitischen Lage als Transitland für Europa und als Energieland Nummer 1, aber auch mit vielen guten Schulen und Hochschulen zum attraktiven Standort für junge Menschen werden. Doch niemand kennt Niedersachsen und seine Stärken richtig. Ein großartiges Land, das sich aus falscher Bescheidenheit klein hält, lockt keine zukünftigen Fachkräfte nach Niedersachen. Was wir brauchen, ist Begeisterung, eine Zukunftsvision und einen Zukunftsplan für Niedersachsen. Wir sind trotz einiger Schwächen ein starkes und attraktives Bundesland. Da müssen wir uns als Land sichtbarer machen. Für Jung
und Alt. Selbstbewusst, stolz und mit Zuversicht.

Weserwirtschaftsforum: Herr Dr. Mehrdad Payandeh, danke für Ihre Sichtweise und das Gespräch.



Das Gespräch führte Joel Cruz

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