Der Zusammenhang zwischen Avacon,
Natur und Wasser ist schnell erklärt
Neben Fachkräftemangel, alternde Gesellschaft und Bürokratie haben Unternehmen mit hohen Energiekosten zu kämpfen. Das Weserwirtschaftsforum sprach mit Avacon-Chef Matthias Boxberger über die Energiewende, Zukunft der Jugend und über seine Visionen für den Konzern.
Matthias Boxberger I Vorsitzender des Vorstandes und Finanzvorstand I Avacon AG I Foto: Matthias Boxberger/Avacon AG
Weserwirtschaftsforum: Herr Boxberger, danke, dass Sie sich für das Weserwirtschaftsforum Zeit nehmen. Die Energie- und Wärmewende ist in vollem
Gange. Die hohen Energiekosten bereiten den Unternehmen zunehmend große
Sorgen. Was sagen Sie als Avacon-Chef?
Matthias Boxberger: Ich kann diese Sorgen gut nachvollziehen. Ohne wettbewerbsfähige Preise kein Rückhalt und wenig Akzeptanz für diese Energiewende. Es braucht deshalb ein Umdenken, um die Kosten für den Umbau der Energieversorgung besser in den Griff zu bekommen und sie so zu verteilen, dass keine Wettbewerbsnachteile entstehen. Erneuerbare-Energien-Anlagen sollten nicht stur nach einem Plan gebaut werden, der vor Jahren festgelegt wurde. Vielmehr ist es sinnvoller, sich an der echten Nachfrage zu orientieren und Ausbauziele einem ständigem Bedarfscheck zu unterziehen. Der Fokus darf nicht rein auf der installierten Leistung von PV-Anlagen und Windrädern liegen, sondern muss auf das Gesamtgefüge gerichtet werden.
Weserwirtschaftsforum: Einige Ihrer Themen sind Nachhaltigkeit, lebensrettende Regeln, Compliance und Menschenrechte, so steht es auf der Internetseite. Können Sie mir den Zusammenhang zwischen Avacon und Menschenrechte, Natur und
Wasser erklären?
Matthias Boxberger: Für mich hat es oberste Priorität, dass alle Kolleginnen und Kollegen und die Partnerunternehmen, die für uns arbeiten, sicher und wohlbehalten
nach Hause kommen, und dafür braucht es eine entsprechende Kultur und ein Regelwerk sowie regelmäßige Schulungen. Das gilt insbesondere für Arbeiten, die
an Anlagen unter Hochspannung vorgenommen werden. Der Zusammenhang zwischen Avacon, Natur und Wasser ist schnell erklärt: Als ganzheitliches Energieunternehmen betreiben wir nicht nur Strom- und Gasnetze, sondern sind in einigen Kommunen auch Wasserversorger
und bieten mit unserer Natur-Sparte auch Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden an, beispielsweiseBatteriespeicher oder Wärmenetze. Wir betreiben und entwickeln Infrastruktur fürJahrzehnte und damit auch nächste Generationen, die nachhaltiges und gutesermöglichen sollen.
Weserwirtschaftsforum: In den Medien liest man, dass die Avacon-Gruppe 650Millionen in diesem Jahr und bis 2029 voraussichtlich knapp 4 Milliarden Euro an Investitionen plant. In welchen Bereichen wollen Sie künftig investieren und was sind die Gründe dafür?
Matthias Boxberger: Den Löwenanteil investieren wir in unsere Stromnetze, vor
allem auf der Hochspannungsebene und in unsere Umspannwerke. Das hat zwei Gründe: Einerseits gilt es, die sogenannten Redispatchkosten zu senken. Diese entstehen, wenn Erneuerbare-Energien-Anlagen abgeregelt werden müssen, weil
die Kapazitätsgrenze der Stromnetze erreicht ist, die Anlagenbetreiber aber
nichtsdestotrotz für die Ausfallzeit entlohnt werden. Andererseits erleben wir zurzeit
im Avacon-Netzgebiet einen regelrechten Anfrageboom in Bezug auf PV-Anlagen und bei Großbatteriespeichern. Um Netzengpässe zu vermeiden, bauen wir unsere Stromnetze schon jetzt vorrauschauend aus. Dabei ist wichtig zu wissen, dass für Netzbetreiber grundsätzlich eine Pflicht zum Netzanschluss gilt, wenn keine gewichtigen Gründe dagegensprechen. Das gilt unabhängig davon, ob in der
jeweiligen Region weitere Wind- oder Solaranlagen mögliche Netzengpässe verschärfen oder nicht.
Weserwirtschaftsforum: Welche Visionen haben Sie als Vorsitzender des
Konzerns? Welche Ziele möchten Sie gerne in Ihrer Amtszeit bei Avacon und seinen
Mitarbeitern erreichen und umsetzen?
Matthias Boxberger: Der Umbau unseres gesamten Energie- und Wärmesystems ist eine Riesenaufgabe. Er braucht einen langen Atem für die nächsten 20 Jahre.
Langfristig ist mir wichtig, einen belastbaren, bezahlbaren und auch hinreichend flexiblen Umbauplan insbesondere für die Stromnetze in unserer Region voranzubringen und dafür auch die unabdingbare breite Akzeptanz und Unterstützung zu erhalten. Kurzfristig geht es darum, bei noch fehlenden Netzkapazitäten jede mögliche Kilowattstunde im Netz unterzubringen, also einspeisbar und in die Steckdosen bringbar zu machen – mit moderner Technik,insbesondere durch konsequente Digitalisierung der Netze. Hier sind wir schon heute führend unterwegs.
Weserwirtschaftsforum: Neben Energie beschäftigen sich die Betriebe auch mit
den Themen demografischer Wandel, Fachkräfte und Nachwuchs. Warum sollte ein junger Mensch seine Ausbildung bei Ihnen beginnen und sich für Avacon als Arbeitgeber entscheiden? Und welche Tipps und Ratschläge würden Sie einem
jungen Menschen für seinen Lebensweg mitgeben wollen?
Matthias Boxberger: Aus meiner Sicht gibt es kaum spannendere und vielseitigere Tätigkeitsfelder als Energiewende und Klimaschutz. Als Betreiber von kritischer Infrastruktur sorgen wir nicht nur dafür, dass Haushalte und Unternehmen in
unserem Netzgebiet zuverlässig und sicher mit Energie versorgt werden, sondern
treiben auch maßgeblich die Dekarbonisierung der Energiewirtschaft voran. Zudem bieten wir meiner Meinung nach ein Gehalt, von dem man gut leben kann und reelle Weiterbildungs- und Aufstiegschancen. Nicht umsonst bleiben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Schnitt viele Jahre bei Avacon. Allgemeingültige Ratschläge sind nicht leicht zu geben, ich glaube aber, dass Neugier, Fleiß, Durchhaltevermögen und eine offene Einstellung gegenüber Neuem gute Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Karriere sind.
Weserwirtschaftsforum: Herr Boxberger, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Joel Cruz