Ein Bundesland voller Chancen
Demografischer Wandel, Fachkräftenotstand und Jugendabwanderung machen besonders der ostdeutschen Wirtschaft und Betriebe zu schaffen. Wir sprachen mit dem Wirtschaftsminister des Landes Sachsen-Anhalt über die Herausforderungen der Unternehmen, Politik und Gesellschaft.

Sven Schulze I Wirtschasftsminister des Landes Sachsen-Anhalt I Foto: Rayk Weber
Weserwirtschaftsforum: Herr Wirtschaftsminister Sven Schulze, zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich für das Weserwirtschaftsforum Zeit nehmen. Es sind stürmische Zeiten für die Wirtschaft. Auf hohe Energie- und steigende Arbeitskosten kommen hohe Zölle
für die exportorientierten Betriebe hinzu. Wie ist die Stimmung der Unternehmen in Sachsen-Anhalt?
Sven Schulze: Unser Mittelstand ist stark und hat Durchhaltevermögen. Dazu kommen Ansiedlungen wie Daimler Truck, Coroplast oder die internationalen Investoren UPM und Mercury die zeigen, dass Sachsen-Anhalt ein gefragter Standort ist. Sachsen-Anhalt ist im Umbruch – und genau das eröffnet uns neue Chancen.
Viele Unternehmen setzen darauf, dass die neue Bundesregierung die seit Jahren bekannten Probleme anpackt – die Ansätze im Koalitionsvertrag gehen in die richtige Richtung. Was wir jetzt brauchen, ist Tempo. Das zeigt sich auch in den jüngsten IHK-Konjunkturumfragen: Die Erwartungen hellen sich spürbar auf, besonders im Kammerbezirk Magdeburg so stark wie seit 2021 nicht mehr. Gleichzeitig stehen Branchen wie die Automobilzulieferer oder die Chemieindustrie massiv unter Druck. Hinzu kommt die unberechenbare US-Zollpolitik, die unsere Exporteure hart trifft. Trotzdem überwiegt für mich Zuversicht. Ich sehe mehr Möglichkeiten als Risiken und ich bin überzeugt: Unser Land
wird gestärkt aus der Krise hervorgehen.
Weserwirtschaftsforum: Es wird an vielen Stellen über Fachkräfte- und Nachwuchskräfte gesprochen. Obwohl Fachkräfte in vielen Branchen seit Jahren fehlen, sei das Thema, laut IHK-
Umfragen, nicht mehr so wichtig für die Unternehmen in Sachsen-Anhalt. Woran liegt das und welche Themen sind für die Betriebe wichtiger?
Sven Schulze: Die aktuelle Flaute am Arbeitsmarkt verschiebt den Fokus: Hohe Arbeitskosten, Energiepreise und unsichere Rahmenbedingungen wiegen für viele Unternehmen kurzfristig schwerer. Aber wir dürfen uns nicht täuschen lassen: Mittel- und langfristig bleibt der Fachkräftemangel die größte Herausforderung. Darum setze ich alles daran, die Erwerbsquote zu erhöhen und unsere jungen Leute im Land zu halten. Erfolgreiche Initiativen wie unsere Praktikumsprämien im Handwerk und in den Grünen Berufen zeigen Wirkung. Gleichzeitig brauchen wir kluge Zuwanderungspolitik: Wer in Deutschland arbeiten will, soll merken, Sachsen-Anhalt ist ein Land voller Chancen: starkeUnternehmen, spannende Karrieren und eine Lebensqualität, die Menschen begeistert. Das ist nicht nur Wirtschaftspolitik – das ist Standortpolitik für unsere Zukunft.
Weserwirtschaftsforum: Ein weiteres Thema für die Unternehmen ist die Bürokratie. Ist Bürokratie der beste Freund der Wirtschaft?
Sven Schulze: Klare Regeln braucht jede Wirtschaft, sie geben Planungssicherheit. Aber Bürokratie muss Maß und Mitte haben – sonst blockiert sie Unternehmen, statt sie zu stützen. Deshalb stehe ich für weniger Auflagen, mehr Vertrauen in und mehr Freiheit für die Wirtschaft. Die neue Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag richtige Schritte angekündigt – jährliche Entlastungsgesetze, Praxischecks, keine Übererfüllung von EU-Vorgaben. Das muss jetzt zügig angegangen werden. Aber es nützt gar nichts nur nach Brüssel und Berlin zu schielen. Gleichzeitig nutzen wir hier im Land alle Gestaltungsspielräume und packen selbst an: Wir verschlanken Verfahren, vereinfachen Formulare, passen das Tariftreue- und Vergabegesetz an und treiben die Digitalisierung der Verwaltung voran. Mein Ziel ist klar: Sachsen-Anhalt soll ein Standort sein, an dem Ideen schneller wachsen können alsAktenstapel.
Weserwirtschaftsforum: Die Medien schreiben, dass Sie ein guter Krisenmanager sind. Nun sollen Sie die CDU in Sachsen-Anhalt 2026 in den Wahlkampf führen. Der größte politische Gegner ist vermutlich die AfD. Wie möchten Sie bei den Menschen punkten und Vertrauen gewinnen? 
Sven Schulze: Ich will die Menschen mit klarer Haltung, Erfahrung und Zuversicht gewinnen. Ich weiß, was unser Land braucht – und ich weiß auch, was es geleistet hat. Die CDU steht für Sicherheit, Verlässlichkeit und Zusammenhalt. Die Bürger wollen nicht Populismus, sondern eine stabile Regierung aus der politischen Mitte. Sie wollen, dass Politik Probleme löst – und nicht nur beschreibt. Dafür braucht es keine lauten Parolen, sondern ehrliche Antworten, konkrete Lösungen und das richtige Maß. Ich habe als Minister gezeigt, dass ich Verantwortung übernehmen kann – gerade in schwierigen Zeiten. Jetzt geht es darum, unser Land mutig weiterzuentwickeln: modern, bodenständig und sicher.
Weserwirtschaftsforum: Folgendes Szenario: Sie stehen vor einer Gruppe von jungen Menschen, die ihren Lebens- und Karriereweg noch vor sich haben. Welche Tipps, Ratschläge und Wünsche würden Sie den Jugendlichen sagen wollen?
Sven Schulze: In meiner Jugendzeit, Ende der 90er Jahre, war vieles noch ganz anders. Damals mussten viele junge Leute Sachsen-Anhalt verlassen, um sich eine Zukunft aufzubauen – weil es hier kaum Chancen gab. Heute ist das zum Glück vorbei. Heute kann man hier alles erreichen: einen guten Schulabschluss, eine Ausbildung oder ein Studium, einen sicheren Job, bezahlbares Wohnen und ein Leben mit Familie und Freunden – direkt vor der Haustür. Ich bin stolz darauf, was wir gemeinsam aufgebaut haben. Und ich wünsche mir, dass die junge Generation genau das erkennt und nutzt. Geht euren Weg – hier bei uns in Sachsen-Anhalt. Bringt euch ein, habt Mut, habt Ideen. Unser Land bietet viel – und es braucht euch. Mein Rat: Bleibt neugierig, bleibt fleißig – und bleibt eurer Heimat verbunden.
Weserwirtschaftsforum: Herr Wirtschaftsminister Sven Schulze, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.
Das Gespräch führte Joel Cruz
