Ein Zeichen für internationalen
Zusammenhalt
Was verbindet Wolfsburg mit China? Und warum arbeitet ein Oberbürgermeister beim Drogeriemarkt „dm“? Wir wollten es genauer wissen und sprachen mit dem Wolfsburger Oberbürgermeister Dennis Weilmann.
Dennis Weilmann I Oberbürgermeister von Stadt Wolfsburg I Foto: Stadt Wolfsburg
Weserwirtschaftsforum: Herr Oberbürgermeister, zunächst einmal vielen Dank, dass Sie sich für das Weserwirtschaftsforum Zeit nehmen. Was haben Wolfsburg und die chinesische Stadt Dalian gemeinsam?
Dennis Weilmann: Die chinesische Stadt Dalian und die Stadt Wolfsburg verbindet eine langjährige Beziehung, nicht nur zuletzt geprägt durch die wirtschaftlichen Kontakte durch Volkswagen. Im Juli 2010, vor fast genau 15 Jahren, besiegelten unsere Städte offiziell die Freundschaft. In diesen vergangenen Jahren fanden zahlreiche Besuche sowohl in Wolfsburg als auch in China statt. Erst kürzlich war eine hochrangige Delegation aus der Freundschaftsstadt bei uns im Rathaus zu Besuch. Im September wird im Gegenzug eine Wolfsburger Gruppe nach Dalian reisen. Durch den stetigen Kontakt ist unsere Verbindung weiter gewachsen. Die gegenseitigen Besuche finden insbesondere auch statt, um in den persönlichen Austausch zu kommen. Gerade in dieser politisch weltweit herausfordernden Zeit ist der Austausch von unschätzbaren Wert und mit unserer Freundschaft setzen wir ein Zeichen für internationalen Zusammenhalt.
Weserwirtschaftsforum: Wenn man die Medien durchforstet, dann liest man, dass Sie beim Drogeriemarkt “dm” an der Kasse gearbeitet haben. Wie war es für Sie, als Oberbürgermeister von Wolfsburg an der Kasse zu arbeiten?
Dennis Weilmann: Ich finde es wichtig, immer mal eine andere Perspektive zu verschiedenen Dingen zu bekommen. In der Drogerie ging es allerdings insbesondere um den guten Zweck. Alle Einnahmen, die in einer Stunde an meiner Kasse gemacht wurden, gingen zugunsten der Einrichtung der Venito Diakonische Gesellschaft für Kinder, Jugend und Familien in Kooperation mit dem Rehabilitationsdienst Lavie. Der offene Treffpunkt richtet sich vorwiegend an Menschen mit psychischen Erkrankungen, deren Angehörige, Freunde und andere Bezugspersonen. Das Kassieren hat mir vor dem Hintergrund doppelt so viel Spaß gemacht. Ich bin froh, dass ich mit so einer Aktion helfen kann.
Weserwirtschaftsforum: Anders als in China machen hierzulande die hohen Energiekosten, der demografische Wandel und Fachkräftemangel den Betrieben zunehmend Sorgen. Es wird auch bereits über Fachkräftenotstand gesprochen. Welche Ideen und Lösungen brauchen wir, um all diese Probleme zu lösen?
Dennis Weilmann: Unsere Betriebe stehen vor großen Herausforderungen: hohe Energiekosten, Fachkräftemangel und ein spürbarer demografischer Wandel. Diese Themen hängen eng zusammen – und wir brauchen gezielte, praktikable Lösungen. Zum einen müssen wir die Energiekosten durch Investitionen in erneuerbare Energien und eine moderne Infrastruktur senken. Kommunen können hier aktiv unterstützen – mit Beratung, Förderung und weniger Bürokratie. In Wolfsburg haben wir beispielsweise eine Förderung von Investitionen zur Solarstromerzeugung angeboten. Weiterhin brauchen wir neue Wege in der Fachkräftesicherung: von besserer Berufsorientierung und moderner Ausbildung bis hin zu gezielter Zuwanderung. Wichtig ist, dass wir Abschlüsse schneller anerkennen und Bürokratie abbauen, damit Fachkräfte schneller in den Arbeitsmarkt finden.
Zu guter Letzt müssen wir den demografischen Wandel aktiv gestalten. Ältere Menschen länger im Beruf zu halten, familienfreundliche Angebote zu stärken und junge Talente an unseren Standort zu binden – das sind zentrale Aufgaben, die wir gemeinsam mit Wirtschaft und Bildungsträgern angehen müssen.
Entscheidend ist: Nur im Schulterschluss zwischen Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft können wir diese Herausforderungen meistern. Im Laufe unserer Geschichte haben wir gezeigt, dass wir aus jeder Krise gestärkt hervorgingen. Wenn alle mitziehen, machen wir unsere Stadt zukunftsfest.
Weserwirtschaftsforum: Welche Visionen haben Sie für die Menschen in Wolfsburg?
Dennis Weilmann: Meine Vision für Wolfsburg ist eine Stadt, in der alle Menschen gern leben, arbeiten und ihre Zukunft gestalten können.
Eine Stadt, die wirtschaftlich stark bleibt, gleichzeitig aber noch lebenswerter und grüner wird. Ich möchte, dass Wolfsburg auch morgen noch ein attraktiver Standort für Familien, Unternehmen und junge Talente ist. Dazu gehören gute Bildung von der Kita bis zur Hochschule, bezahlbarer Wohnraum, moderne Mobilität und ein starkes Miteinander. Wir investieren in Digitalisierung, Klimaschutz und Stadtentwicklung – aber immer mit Blick auf die Menschen vor Ort. Wolfsburg soll weiterhin ein Ort sein, der Vielfalt fördert, Chancen bietet und Zusammenhalt lebt. Ich sehe eine Stadt, in der Innovation und soziale Verantwortung Hand in Hand gehen. Eine Stadt, die Wandel nicht fürchtet, sondern gestaltet – mutig, solidarisch und mit Herz. Diese Vision erreichen wir nur gemeinsam – durch Dialog, Beteiligung und einen klaren Kompass für die Zukunft.
Weserwirtschaftsforum: Welche Ratschläge und Tipps würden Sie den Jugendlichen auf ihrem Karriere- und Lebensweg mitgeben wollen?
Dennis Weilmann: Mein wichtigster Rat an junge Menschen: Bleibt neugierig, mutig und offen für Veränderungen. Der Berufs- und Lebensweg verläuft selten geradlinig und das ist völlig in Ordnung. Probiert euch aus, sammelt Erfahrungen und habt den Mut, auch mal falsche Abzweigungen zu nehmen. Aus Fehlern lernt man oft am meisten. Wichtig ist auch: Lernt ständig dazu – nicht nur in der Schule oder Ausbildung, sondern auch im Alltag. Die Welt verändert sich schnell, und wer bereit ist, dazuzulernen, bleibt handlungsfähig und selbstbewusst.
Und: Engagiert euch, bringt euch ein – in der Schule, in Vereinen oder bei Projekten. Ohne ehrenamtliches Engagement wäre vieles nicht möglich. Eure Stimme zählt, gerade auch für unsere Stadt. Wir brauchen junge Menschen mit Ideen, Haltung und Tatkraft. Egal welchen Weg ihr geht – geht ihn mit Herz, Verstand und einem klaren Ziel: Euer Leben selbstbestimmt und mit Verantwortung zu gestalten.